Jedem Schüler sollte das berühmte Stück von Gotthold Ephraim Lessing, aus dem Deutschunterricht oder Klausuren, bekannt sein: „Nathan der Weise“. Und schon seit Jahrhunderten wird dieser im Theater aufgeführt. So war es auch am 12. Januar 2022 wieder soweit, dass ,,Nathan“ auf der Bühne im Haus der Stadt in Düren erschien.
Schon beim Eintreten in den Theatersaal wird klar, dass es sich um eine moderne Inszenierung handelt und Assoziationen eines „high school musicals“ weckt. Das Bühnenbild wird von einem Coca-Cola Automaten, Schulspinden und einer Reihe Sitze, wie man sie von einer Bushaltestelle kennt, gesäumt. Als die Schauspieler das erste Mal die Bühne betreten, staunen die Schüler nicht schlecht, eine moderne und zugleich altmodische Mischung des Stückes zu sehen. Auf orientalische Musik tanzen die Charaktere über die Bühne. Recha mit Converse-Schuhen und Stulpen aus den 80ern und zugleich den stereotypisch, jüdischen Nathan in Anzug und Hut zu sehen, hat einige verwundert gucken lassen. Und auch die weiteren Religionen werden durch typische religiöse Akzente dargestellt. Die muslimische Sittah, Schwester des Sultans, mit einem Kopftuch und der Klosterbruder mit einem christlichen Kreuz an seinem Hosenbund bekleidet. Der Tempelherr, wird hingegen in verschlißener Kleidung und auf dem Boden schlafend, Alkohol trinkend und mit Messern bewaffnet präsentiert und erweckt nicht den Anschein eines edlen Kreuzritters.
Während des Stückes müsste jede Müdigkeit der Schüler vergangen sein, da jeder Szenenwechsel durch ohrenbetäubendes Grollen und Lichtflackern eingeleitet wird. Hierdurch soll vielleicht die Atmosphäre eines Luftschutzbunkers nachgestellt werden, der während des Krieges von Bomben getroffen wird, da man ebenfalls Flugzeuggeräusche wahrnehmen kann. Und selbst Rammsteinfans dürften positiv überrascht sein, als die Recha in ihrer Gesangseinlage „Engel“ von Rammstein singt und somit den Engelsglauben thematisiert.
Die Werkstreue wird nicht nur durch die modernen Akzente des Coca-Cola Automaten, an dem sich nicht selten eine Cola oder doch ein Bier geholt wird, unterbrochen, sondern auch durch die Abänderung der Szenen. Das Fehlen des Gespräches zwischen dem Tempelherrn und dem Patriarchen könnte zwar durch das Fehlen der Rolle des Patriarchen begründet werden, doch auch die bekannte Umarmung und Versöhnung am Ende fehlt komplett. Statt der Umarmung aller, ist Recha nach der Enthüllung der Verwandtschaftsbeziehungen völlig aufgelöst und lehnt jegliche Umarmung ab. Schließlich nehmen alle Charaktere auf den Sitzplätzen platz und verschwinden durch das plötzliche Erlöschen des Lichtes begleitet von dem wohl lautesten Donnerschlages den es jemals gab. Nach einem zu kurz gekommenen Klatschen verlassen die Schüler den Saal entweder mit Staunen oder Verwirrung, doch allesamt mit einem Tinnitus.
Verfasst von Paul Frings
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